Foto: BSG Chemie Leipzig
Unser Ex-Mittelfeldrackerer Uwe „Schleie“ Schleier feiert heute seinen 60. Geburtstag.
Die ersten Übungsleiter in Leutzsch hießen Ernst Schulz und Herbert Kreuz, als „Schleie“ im Alter von acht Jahren bei der BSG Chemie begann und das Fußball-ABC erlernte. Bernd Kasper brachte ihm in unermüdlichen und endlosen Einheiten den Übersteiger bei, der zu Uwes Spezialität wurde. „‘Finten-Bernd‘ wurde der Trainer genannt, und er probierte das mit jedem Spieler aus. Aber nur wenige schafften das zu lernen, warum auch immer“, erinnert sich Uwe Schleier. In der Bezirksauswahl gelangen „Schleie“ sogar mal ein paar doppelte Übersteiger – ganz zur Freude der Trainer und der Fans, denn die Großtat geschah im damaligen Georg-Schwarz-Sportpark zu Leutzsch vor großer Kulisse im Vorfeld eines Aufstiegsspieles.
Als rechter Mittelfeldspieler ging „Schleie“ seinen Weg in der legendären Truppe, die mit Leitzke, Reimer, Weiß, Illge, Bellot, Stieglitz und Gosch später Furore im Männerbereich machte. 1980 gewann er als 16-Jähriger unter dem Trainertrio Günter Busch, Eberhard Dallagrazia und Dieter Haarseim mit den A-Junioren den Junge Welt-Pokal mit einem Sieg gegen Schwedt in Eisenhüttenstadt. Zur gleichen Zeit gewann die Jugend, also die um zwei Jahre jüngeren Kicker, den FDJ-Pokal mit Trainer Roland Krauß. „Da sieht man mal, was für eine Qualität wir im damaligen Nachwuchs hatten“, resümiert Schleier, „auch wenn die Clubs damals nicht teilnahmen, aber auch die BSGen hatten ja alle einen guten Nachwuchs“. Unvergessen für ihn bleibt auch die Auszeichnungsfeier für den Gewinn dieses Pokals, die im damaligen Hotel Stadt Kiew stattfand. „Da gab es für jeden einen Büchergutschein über 40 Mark“, schmunzelt „Schleie“.
Nach Beendigung seiner Lehre als Fahrzeugschlosser kam er von den A-Junioren direkt in die erste Mannschaft. Im Winter 1981 wurde er vom stellvertretenden BSG-Chef Karl-Heinz Plättner im Auto mit ins Wintertrainingslager nach Schwarzburg genommen, wo er direkt ins Training einstieg. Manfred Walter war damals verantwortlicher Trainer, Helmut Schmidt assistierte ihm. „Uwe war ein Guter“, erinnert sich „Manner“, „der hat sein Ding gemacht.“ In seinen ersten beiden Spielzeiten spielte „Schleie“ aber nur eine untergeordnete Rolle und bestritt nur sechs bzw. zwei Punktspiele. 1982 wurde er zur Armee eingezogen und absolvierte seinen Grundwehrdienst für 18 Monate. „Da hatte ich das Glück, bei Vorwärts Dessau spielen zu können. Normalerweise ging das ja nur, wenn man sich für drei Jahre verpflichtet hatte“, so Schleier. Neun Spiele in der DDR-Liga absolvierte er.
Nach seiner Entlassung aus der NVA kehrte Schleier wieder zur BSG Chemie zurück, die inzwischen in die Oberliga aufgestiegen war. „Ich kam Mittwoch zurück und am Sonnabend gegen Jena stand ich in der Startelf“, schwärmt er heute noch von seinem Comeback. Trainer Gerd Struppert stand scheinbar auf den drahtigen Mittelfeldmann auf der rechten Seite. Schleier dankte es ihm und trug seinen Teil bei zum sensationellen 3:1-Sieg gegen Carl Zeiss Jena, damals Europapokalstarter und Spitzenmannschaft mit Nationalspielern. Das war sein erstes von insgesamt 14 Oberliga-Spielen. Das Drama um den Klassenerhalt gegen den 1. FC Union erlebte er nur einmal vom grünen Rasen mit – bei der 0:2-Niederlage im letzten Punktspiel. Durch diese Pleite wurden die Entscheidungsspiele erst notwendig. Da war „Schleie“ aber nicht mehr dabei: „Ich war einfach schlecht gewesen in dem Spiel. Manfred Graul wurde überredet, ein Comeback zu geben, obwohl er unter Struppert nicht mehr spielen wollte, und ich fand mich auf der Bank wieder“. Das finale 2:1 erlebte er gar nicht richtig mit, weil sich die Ersatzspieler anno dunnemals noch auf dem Rasenstück vor der Halle warmmachen mussten. „So habe ich das gesamte Spiel verpasst und erst durch den Wahnsinnsjubel mitbekommen, dass wir den Klassenerhalt gepackt hatten“, so Schleier.
In der darauffolgenden Oberligasaison 1984/85 war Schleier nur Ersatzspieler. Bei seinen neun Punktspieleinsätzen stand er nur fünfmal in der Startelf und bestritt zwei Partien über die volle Spieldauer. „Das hatte auch mit einem Virus zu tun, den ich mit bei der Wettkampfreise nach Rumänien geholt hatte. Ich hatte die Scheißerei auf gut deutsch und war erst im Oktober wieder fit. Ein Wahnsinn!“
In den folgenden fünf Spielzeiten spielte Uwe sämtliche Ligaserien mit und gehörte bis 1989 zum Kader. 80 Spiele stehen in dieser Zeit zu Buche. Im Sommer 1989 wechselte er für drei Monate zum DDR-Ligisten TSG Markkleeberg, wo er noch sechs Ligaspiele bestritt. Anschließend war er Spielertrainer bei Böhlitz-Ehrenberg, ging zu Eutritzsch, dann zum SV Oertzen (heute Nordwest) und dann wieder für zwei Jahre nach Böhlitz, um dann zu den Alten Herren zu Böhlitz-Ehrenberg zu wechseln. Als Trainer probierte er sich bei TuB Leipzig und beim SV Lindenau. Später konzentrierte er sich auf seinen beruf als Taxifahrer, der ihn nicht nur viel Zeit, sondern auch seine sportliche Figur kostete. Er selbst sieht das eher augenzwinkernd: „Ich muss ja heute nicht mehr die Linie rauf und runter rennen, also macht das auch nichts…“ Seine schönsten Erinnerungen umfassen das Spiel in Jena (3:2 gewonnen), ein Pokalspiel bei Hansa Rostock (1:2) und ein Pokalspiel mit der Zweiten gegen den damaligen Oberligisten Brandenburg, das mit 2:1 gewonnen werden konnte. Den AKS besucht er heute noch gern, kommt aber aufgrund seines Jobs nicht mehr all zu häufig dazu.
Seinen Geburtstag verbringt er – wie kann es anders sein – im Kreise ehemaliger Mannschaftskameraden und Trainer.